Hof auf Reisen: Die Prager Krönungsreise 1723

Archivale des Monats August 2023

Abb.1: Konsignation zum wöchentlichen Reisekostenbeitrag der Angehörigen der Zentralstellen im Vergleich zu Reisen 1652/1653 (Prag/Regensburg), 1689/1690 (Augsburg), 1711 (Frankfurt), 1712/1714 (Pressburg), 1722 (Pressburg), 1723 (Prag)
Abb.2: Entwurf der notwendigen Anschaffungen für die Reise und deren Kosten, Punkt 4: Reisezimmer (zum Vergrößern in neuem Tab öffnen)

Mehr als zehn Jahre nach seinem Regierungsantritt in der Habsburgermonarchie (1711) begab sich Kaiser Karl VI. auf verschiedene Reisen in die ihm unterstellten Länder. Anlass für diese Strapazen waren die Krönung in Böhmen sowie die Huldigungen der Landstände in Innerösterreich (Huldigungsreise 1728) und Oberösterreich (1732), die das Band zwischen den Landesvertretern und der Herrscherfamilie durch gegenseitige Eidesleistungen enger knüpfen sollten. Begleitet wurde Karl stets von seiner Familie (1728 verblieb diese in Graz), insbesondere von seiner ältesten Tochter Maria Theresia.

Vor genau 300 Jahren fand die Prager Krönungsreise statt. Der Landesfürst und seine Familie bewältigten diese natürlich nicht allein, sondern wurden von dem notwendigen Personal aus der Administration (Reichskanzlei, Hofkanzlei, Hofkammer etc.) und Angehörigen des kaiserlichen Hofstaates begleitet. Da jede mitreisende Person Gelder für die Reise zur Verfügung gestellt bekam und auch weitere Kosten für eine repräsentative Prachtentfaltung verursachte, war man um eine möglichste Beschränkung der Zahl bemüht und zog zum Zwecke der Optimierung die Listen vorhergehender landesfürstlicher Reisen heran (Abb. 1; Zeitraum 1652-1723).

Abb.3: Zahlungsanweisung Karls VI. an die Bankalität mit eigenhändiger Unterschrift (Prag, 16. September 1723) (zum Vergrößern in neuem Tab öffnen)

Die Reise nach Prag nahm mehrere Monate in Anspruch, konkret dauerte sie vom 19. Juni bis zum 23. November 1723. Eine Hofkonferenz beriet auf Grundlage der eingeholten Vorakten den Ablauf der Reise und der Zeremonien, wobei man auch in Kontakt mit den Landesvertretern stand. Eine Aufstellung gibt neben den notwendigen Wagen und Sätteln die Anschaffung von sechs Reisezimmern für das Kaiserpaar und die jungen Herrschaften (Abb. 2, Punkt 4) an.

Zusätzlich zu den Quartieren entlang der Strecke mussten auch die Räumlichkeiten in Prag für den kaiserlichen Besuch samt Hofstaat vorbereitet werden. So wies der Kaiser weitere Zahlungen für notwendige Ausgaben des Prager Schlossbauschreibers an (Abb. 3). Aus Anlass der Krönung wurden auch Auswurfmünzen und Medaillen angefertigt, wobei es Erinnerungsmünzen in unterschiedlicher Qualität für die verschiedenen Funktionsträger gab (Abb. 4, hier die ähnlich gestalteten Auswurfmünzen anlässlich der ungarischen Krönung 1712).

Abb.4: Skizze der Auswurfmünzen für die ungarische Krönung 1712 (zum Vergrößern in neuem Tab öffnen)

Die Kosten waren aufgrund der stets klammen habsburgischen Kassen wenig überraschend einer der Knackpunkte bei den Reiseplanungen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die in der Hofkammer erhaltene Dokumentation 20 Jahre später anlässlich der Krönung Maria Theresias 1743 ein weiteres Mal herangezogen wurde (Abb. 5: Entwurf Erbpanier 1743).

Kostspielig waren auch die Festlichkeiten anlässlich des Geburtstags der Kaiserin, der am 28. August in Prag gefeiert wurde. An diesem Tag machte man nämlich nicht nur ihre neuerliche Schwangerschaft öffentlich, sondern es wurde mit großem Aufwand das nach dem Wahlspruch des Kaisers benannte Theatralfest Costanza e fortezza von Johann Joseph Fux in Szene gesetzt. Karl VI. notierte dazu in seinen Tagebüchern: schwa(ngerschaft) publiciren, alles lustig; (...) weib gut, 7 wochen schwa(nger); vesper; vor 7 essen in spanisch sall, na(c)her umb 8 ¼ fest auf reitschull, umb 12 ½ aus, schlafen.

Abb.5: Erbpanierskizze zur Krönung Maria Theresias 1743 (aus FHKA, Varia 40/2, Konvolut zu den Reisen 1723, 1732 und 1743) (zum Vergrößern in neuem Tab öffnen)
 

Während man 1723 unmittelbar nach der Krönung auf die neuerliche Schwangerschaft der Kaiserin anstieß, gewann die 1713 erklärte und in den 1720er Jahren von den habsburgischen Ländern anerkannte Pragmatischen Sanktion zunehmend an Bedeutung. In den Briefen an die Stände wurden als Gründe für die verspäteten Krönungs- und Huldigungsreisen zwar die anhaltenden Kriegswirren und finanziellen Engpässe genannt, doch war im Hinblick auf die nunmehr festgelegte Nachfolgeregelung und damit zusammenhängend die Bekanntgabe einer neuerlichen Schwangerschaft der Kaiserin die Präsenz der ältesten Erzherzogin Maria Theresia als Antwort auf die Anwesenheit der Tochter Kaiser Josephs I., der potenziell erbberechtigten sächsischen Kurprinzessin Maria Josepha, ein wichtiger Aspekt der Reise. Genau 20 Jahre später wurde Maria Theresia in Prag zur Königin von Böhmen gekrönt.

Stefan Seitschek

Signaturen:
- FHKA, SUS, Reichsakten, Kt. 174.6, fol. 782v-783r
- FHKA, SUS, Reichsakten, Kt. 174.6, fol. 771
- FHKA, SUS, Reichsakten, Kt. 174.6, fol. 766
- FHKA, SUS, Hauptmünzamt, Akt 489/1712
- FHKA, SUS, Kartensammlung S 93/4