100 Jahre ungarische Archivdelegation in Wien: weiterer Ausbau der intensiven Partnerschaft
Gemeinsames Digitalisierungsprojekt: Akten und Geschäftsbücher des Hofkriegsrates online verfügbar
Österreich und Ungarn verbindet beim Archivwesen eine lange und besondere Zusammenarbeit. Seit inzwischen einem Jahrhundert besteht in Wien die Ungarische Archivdelegation. Ungarische Archivare betreuen und arbeiten zusammen mit ihren österreichischen Kolleginnen und Kollegen im Österreichischen Staatsarchiv das gemeinsame kulturelle Erbe auf Archivebene auf.
Zum 100. Jahrestag dieser Kooperation traf ÖStA-Generaldirektor Helmut Wohnout seinen ungarischen Amtskollegen Csaba Szabó im Ungarischen Nationalarchiv in Budapest. In Fortführung der Partnerschaft unterzeichneten die Archivleiter der beiden Häuser und der Direktor des Ungarischen Kriegsarchivs, Norbert Számvéber, eine Vereinbarung, dank der die digitalisierten Akten und Geschäftsbücher des Hofkriegsrates von 1557 bis 1848 schrittweise über elektronische Plattformen zugänglich gemacht werden. Die Jahrgänge 1557 bis 1712 sind bereits online gestellt und können hier eingesehen werden. So wird es möglich, Nutzerinnen und Nutzern einen leichteren Zugang zu diesem vielbeforschten Archivbestand zu bieten und gleichzeitig die Originale zu schonen.
Mit der nötigen Modernisierung haben sich die Kooperationen zwischen den beiden Archiven den Anforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst. Das gilt insbesondere für die „Verwaltung und Erschließung“ der gemeinsamen Bestände. Durch die Digitalisierung von Archivbeständen beziehungsweise deren digitale Verzeichnung sind völlig neue Perspektiven für die gemeinsame Zusammenarbeit entstanden.
Csaba Szabó lobte bei der Pressekonferenz in Budapest die Zusammenarbeit zwischen dem Ungarischen Nationalarchiv und dem Österreichischen Staatsarchive, die weiter ausgebaut werden soll, wie sich beide Generaldirektoren einig sind. „Mit der Ungarischen Archivdelegation in Wien wurde vor einem Jahrhundert eine wissenschaftliche überaus fruchtbare und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Archiven Österreichs und Ungarns begründet. Sie wurde zu einem Best Practice Modell für ein wissenschaftliches Miteinander des 21. Jahrhunderts“, resümierte Helmut Wohnout bei der Pressekonferenz.
Auf die Geschäftsbücher des Hofkriegsrates von 1557 bis 1712 können Sie hier online zugreifen.
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Zur Historie:
1918 zerfiel die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie und die Nachfolgestaaten entstanden. Bereits im Sommer 1920 bekannte sich die ungarische Regierung zur unversehrten Erhaltung der organisch über Jahrhunderte gewachsenen Archivkörper. Mit dieser Haltung signalisierte die ungarische Seite ihre Bereitschaft, den größten Teil des gemeinsamen Archivguts in Wien zu belassen, wenn das Miteigentumsrecht Ungarns daran anerkannt würde. Nach Klärung der letzten offenen Gebietsfragen mit der Volksabstimmung über Sopron/Ödenburg im Dezember 1921 konnte es vor 100 Jahren, im Mai 1922, zu einem ersten konkreten, wenn auch noch provisorischen, Abkommen auf Archivebene kommen. Mit diesem wurden ungarische Archivdelegierte im HHStA und im Hofkammerarchiv installiert, noch bevor die eigentumsrechtlichen Fragen der Archive endgültig geregelt waren. Mit dem Badener Archivabkommen 1926 einigten sich Österreich und Ungarn darauf, dass jene umfangreichen gemeinsamen Archivbestände, bei denen eine Aufteilung nicht sinnvoll war, in Wien blieben, zugleich aber „als kulturell gemeinsames Eigentum beider Staaten“ anerkannt wurden.