Memory of Austria der UNESCO: zwei Neuaufnahmen aus dem ÖStA im nationalen Dokumentenerbe-Register

mow Verleihung
Helmut Wohnout (Generaldirektor des Österreichsichen Staatsarchivs), Kathrin Kininger (Archivarin im Haus-, Hof- und Staatsarchiv), Sabine Haag (Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission), Pia Wallnig (Direktorin des Allgemeinen Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchivs) und Thomas Just (Direktor des Haus-, Hof und Staatsarchives und Vorsitzender des Memory of the World-Nationalkomitees)

Im Jahr 1992 gründete die UNESCO das Programm Memory of the World, um die weltweiten Bemühungen zur Bewahrung und zur Zugänglichkeit von und zur Bewusstseinsbildung über Dokumente und ihrer Bedeutung in den Fokus zu stellen. Seit 2014 führt die Österreichische UNESCO-Kommission das nationale Dokumentenerbe-Register, das Dokumente von herausragender Bedeutung für die österreichische Geschichte verzeichnet. Das Österreichische Staatsarchiv kann sich heuer über zwei weitere Aufnahmen freuen: Im Beisein von Generaldirektor Helmut Wohnout nahmen Pia Wallnig, Direktorin des Allgemeinen Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchivs, die Aufnahmeurkunde für die Dokumente der Hofkommissionen in Gesetzessachen und Kathrin Kininger, Archivarin im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, die Auszeichnung für die ebenfalls ins Dokumentenerbe-Register aufgenommenen habsburgisch-jagiellonischen Doppelheiratsverträge entgegen.

Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission, überreichte die Urkunden für die insgesamt neun Neueinschreibungen im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in den Räumlichkeiten des Österreichischen Nationalbibliothek. Thomas Just, Direktor des Haus-, Hof und Staatsarchives und Vorsitzender des Memory of the World-Nationalkomitees, betonte im Rahmen der Veranstaltung die Wichtigkeit dieses nationalen Registers: „Ob zeithistorische Dokumentation oder mittelalterliche Handschrift – die nationalen und internationalen Eintragungen stehen nicht nur für sich, sondern für die Gesamtheit des bedeutenden dokumentarischen Erbes der Menschheit. Das nationale Register Memory of Austria leistet hier einen wichtigen Beitrag zur Sichtbarmachung einer Notwendigkeit, nämlich der Bewahrung von Dokumenten als wertvolle Informations- und Wissensträger.“

Aufgenommen aus dem Österreichischen Staatsarchiv:

Die im Haus-, Hof- und Staatsarchiv verwahrten habsburgisch-jagiellonischen Doppelheiratsverträge von 1515 stellen einen Meilenstein in der österreichischen Geschichte dar: Der römisch-deutsche Kaiser Maximilian I. vermählte seine Enkelkinder, Ferdinand und Maria, mit den Kindern des ungarischen Königs Wladislaus II, Ludwig und Anna. Die Verträge waren damit der vorläufige Schlusspunkt der schon seit der Mitte des 15. Jahrhunderts andauernden diplomatischen, politischen und militärischen Bestrebungen der Habsburger, ihre Ansprüche auf Böhmen und Ungarn geltend zu machen. Ihre politische Vormachtstellung in Mittel- und Osteuropa ermöglichte gleichzeitig eine starke Abwehrfront gegen die Osmanen. Andererseits sind sie pergamentenes Zeugnis der habsburgischen Heiratspolitik, die mit der Redensart „bella gerant alii, tu felix Austria nube“ sprichwörtlich geworden ist. Am Wiener Kongress von 1515, zu dem die Könige von Polen und Ungarn, aber auch zahlreiche andere Fürsten, Grafen und Herren angereist waren und der ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung war, wurde – aus der Retrospektive betrachtet – mit den Doppelheiratsverträgen der Grundstein für die habsburgische Donaumonarchie gelegt.

Die im Allgemeinen Verwaltungs-, Finanz- und Hofkammerarchiv aufbewahrten Dokumente der Hofkommissionen in Gesetzessachen: 1752 wurde durch Maria Theresia eine Kompilationskommission für die Erarbeitung eines neuen Strafgesetzes und im Jahr darauf eine eigene Gesetzgebungskommission eingerichtet, die mit den Vorarbeiten zu einem neuen Zivilgesetz betraut wurde. Diese beiden Kommissionen erarbeiteten in den kommenden Jahren zahlreiche Gesetze, wie die Constitutio Criminalis Theresiana 1768, die Konkursordnung und die Allgemeine Gerichtsordnung 1781 und 1782, das Ehepatent 1783, die Erbfolgeordnung und den ersten Teil eines Bürgerlichen Gesetzbuches 1786, das Strafrecht 1787 mit der erstmaligen Aufhebung der Todesstrafe im ordentlichen Verfahren und die Allgemeine Kriminalgerichtsordnung 1788. Die Arbeiten gipfelten im Jahr 1803 im neuen Strafgesetzbuch über Verbrechen und schwere „Polizei-Uebertretungen“, das mit geringen Änderungen im Grunde bis zum Inkrafttreten eines neuen Strafgesetzes im Jahr 1975 Bestand hatte sowie dem ABGB 1811, das bis heute seine Gültigkeit besitzt.

Die circa 132 erhaltenen Geschäftsbücher und Protokollbände der Sitzungen dieser Gesetzgebungskommissionen und die in circa 120 Kartons verwahrten Akten zwischen 1749 und 1848 sind auch aufgrund des großen Verlustes, den der Justizpalastbrand 1927 bei den Akten der Obersten Justizstelle und den Hofkommissionen hinterließ, eine wertvolle Quelle für die Rechtsgeschichte Österreichs.

MOW Staatsarchiv 24
Das Österreichische Staatsarchiv kann sich heuer über zwei Aufnahmen in das das nationale Dokumentenerbe-Register der UNESCO freuen. Aufgenommen wurden die habsburgisch-jagiellonischen Doppelheiratsverträge und die Dokumente der Hofkommissionen in Gesetzessachen.

Alle weiteren Aufnahmen:

Die Khevenhüller-Chronik von Georg Moshamer im MAK
Museum für angewandte Kunst Wien (MAK)

Sammlung „Hier zuhause. Migrationsgeschichten aus Tirol“
Dokumentationsarchiv für Migration Tirol

Musikaliensammlung von P. Alexander Giessel (vor 1784)
Archiv der Minoriten in Wien

Max Reinhardts Regiebuch zu Hofmannsthals Jedermann
Archiv der Salzburger Feststpiele

Stiftungsbuch des Stiftes Zwettl, genannt „Bärenhaut“
Stift Zwettl

Sammlung der Erfindungsprivilegien der TU Wien
Technische Universität Wien (TU Wien)

Unternehmensarchiv Herrburger & Rhomberg: Pionier der Vorarlberger Textilindustrie
Wirtschaftsarchiv Vorarlberg

Erweiterung: "Historische Radioaufnahmen RAVAG und Rot-Weiß-Rot" (2016) Erweiterung um Bestände des Dokumentationsarchiv Funk (dokufunk)
ORF Multimediales Archiv/Österreichische Mediathek

Das Österreichischen Staatsarchiv gratuliert herzlich!